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Denkmal für die Opfer des Faschismus in Mödling

Am 12. Februar 1934 traten sozialdemokratische österreichische ArbeiterInnen – als erste in Europa – dem Faschismus mit der Waffe in der Hand entgegen. Dem voraus gegangen waren die permanenten Rechtsbrüche der Regierung Dollfuß im Jahr 1933, die Ausschaltung des Parlaments und die systematische Zerstörung der Demokratie. Nach dem Ende der Februarkämpfe hatten die Austrofaschisten die Arbeiterbewegung lahmgelegt. Damit verlor Österreich die einzige Kraft, die vier Jahre später Hitler wirklichen Widerstand hätte leisten können.

Das im Jahr 1952 von der SPÖ Bezirk Mödling und dem Bund sozialistischer FreiheitskämpferInnen errichtete Denkmal am Stadtfriedhof Mödling, gedenkt den bei Kämpfen gegen den Faschismus und für Demokratie zu Tode Gekommenen.

Edwin Bernard: Als Mitglied des Republikanischen Schutzbundes beim Kampf gegen den Faschismus am 14. Februar 1934 in Mödling durch einen Lungensteckschuss umgekommen.

Anton Bruck: Funktionär der Kinderfreunde, unterstützte ab 1935 die Bezirksleitung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), kämpfte in Spanien als Mitglied der Internationalen Brigaden gegen die Franco-Faschisten. Dort gefallen 1936.

Eduard Göth: Lehrer und Erzieher begabter Arbeiterkinder, war Gemeinderat in Blumau und Funktionär der Lehrergewerkschaft, lebte später in der Hinterbrühl und wurde aufgrund seiner Arbeit im Widerstand von der Gestapo verhaftet und am 13.3.1944 in Wien hingerichtet. 

Josef Hejtmann: Mitbeteiligt an der 1892 erfolgten Gründung des Arbeiter-Konsumvereins Mödling und 1897 am „Arbeiter-Radverein“ Mödling, am 14. Februar 1934 während der Februarkämpfe in Mödling durch Kopfschuss umgekommen.

Leopold Müller: Der Mödlinger war Betriebsratsobmann der „Beka“-Schuhfabrik, unterstützte besonders die 1916 gegründete Ortsgruppe der Kinderfreunde, Gemeinderat und Lokalobmann der SDAP, am 20. Mai 1925 von Mitgliedern der Frontkämpfervereinigung vor dem Kinderfreundeheim (heute Josef Schöffel-Haus) so brutal niedergeschlagen, dass er wenige Tage später verstarb.

Franz Rehmann aus Brunn am Gebirge beteiligte sich ebenfalls an Widerstandskämpfen gegen den Nationalsozialismus, vor allem in der Atzgersdorfer Schuhfabrik, wo er als Schuhmachergehilfe arbeitete, wurde verhaftet und kam am 10.3.1943 im Konzentrationslager Auschwitz ums Leben.

Karl Rohata arbeitete bei den Kinderfreunden mit, war als Wehrturner Mitglied des bewaffneten Februaraufstands, wurde als erstes Opfer am 13. Februar 1934 beim Krankenhaus Mödling getötet, als er dort als Vorposten stand.

Johann Rührl: Funktionär der SDAP, kämpfte in Spanien in den Internationalen Brigaden gegen den Faschismus, von den Franco-Truppen gefangen genommen und an die Gestapo ausgeliefert kam er am 22.5.1944 im Konzentrationslager Dachau ums Leben.

Ferdinand Tschürtz: Begann um 1920 jugenderzieherische Tätigkeiten für die Sozialistische Arbeiterjugend (SDAJ) mit Vorträgen und Diskussionen, später antifaschistischer Untergrundkämpfer, kam am 19.1.1939 im Konzentrationslager Buchenwald ums Leben.

Der Februar 1934 in Mödling

Aus: Werner Burg, Hannes Weninger (Hg.): Die Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Mödling - Von den Anfängen bis zur Zweiten Republik, Mödling, 2010

Auch in Mödling kam es im Februar 1934, als die Ereignisse von Linz, Wien, Bruck a.d.Mur usw. bekannt wurden, zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Die dramatischen Geschehnisse des Februar 1934 forderten auch in unserer Region Opfer: Karl Rohata (Wehrturner), Edwin Bernard (Schutzbündler) und der unbeteiligte Josef Hejtmann kamen zu Tode. In Wiener Neudorf erlitt Karl Stuiber einen Beindurchschuss und wurde ins Mödlinger Krankenhaus eingeliefert. Er verlor anschließend seinen Arbeitsplatz. Sämtliche sozialdemokratische Organisationen wurden aufgelöst und auch in Mödling beschlagnahmte man deren zum Teil beträchtlichen Besitz wie Vereinslokale, Grundstücke, Inventar und die Vereinsgelder.

Mangels wirksamer Nachrichtenmittel wusste man nicht genau Bescheid über die prekäre politische Situation und die Ereignisse bzw. Kämpfe in anderen Städten. Hinzu kam, dass Leopold Petznek (SDAP-Bezirksvorsitzender und Landtagsabgeordneter) am 12. Februar bei einer Vorsprache in der Bezirkshauptmannschaft verhaftet wurde. Die Exekutive war offensichtlich auf die Auseinandersetzungen bestens vorbereitet und begann mit einer Verhaftungswelle, der u.a. die Genossen Krikawa, Grünwald und Strebl in Brunn, zwei jugendliche Schutzbündler in Gaaden, Moser und Rascher in Guntramsdorf, sowie die Funktionäre Bauer, Hans Rehberger, Josef Cermak, Gustav Lischka, Artur Haselrieder, Alois Röss, Franz Schlager, Dr. Moser, Johann Juranitsch, Johanna Hofmann und Hansi Cufar zum Opfer fielen.

Noch in den Abendstunden des 12. Februar wurde das SDAP-Bezirkssekretariat in die Wohnung von Josef Deutsch (dem jüngeren) in das benachbarte Konsum-Haus verlegt. Dort berieten die sich noch in Freiheit befindlichen Funktionäre Josef Vogl, Franz Sagmeister, Anton Oswald, Josef Deutsch, Alois Michalik, Wilhelm Rührl, Johann Piplitz, Ferdinand Tschürtz und Josef Hofmann über weitere Maßnahmen. Schutzbündler, Wehrturner und Jungsozialisten wurden - zu deren eigenem Schutz - zur Wohnhausanlage „Fünfhaus“, die von den Gegnern als „Rote Festung Fünfhaus“ bezeichnet wurde, beordert.

Besonders enttäuschend für die Arbeiterschaft war der Umstand, dass kein allgemeiner Generalstreik ausgerufen wurde. Nachrichten über schwere Kämpfe in Wien veranlassten die Mödlinger Kampfleitung am späten Nachmittag des 13. Februar, in der Heimstätte in der Mannagettagasse versteckte Waffen und Munition auszugeben. Daraufhin verschanzten sich die nunmehr 35 bewaffneten Schutzbündler, Wehrturner und Jungsozialisten wieder in Fünfhaus. Infolge der Verhaftung maßgeblicher Funktionäre, konnte jedoch die Waffenausgabe auch in Mödling nicht lückenlos bewerkstelligt werden. Immerhin waren es aber mehr als 200 Sozialdemokraten und Kommunisten, die versuchten, mit der Waffe in der Hand Freiheit, Demokratie und die Rechte der Arbeiterschaft zu verteidigen.

Die getroffenen Maßnahmen blieben der Exekutive jedoch nicht lange verborgen, sodass bereits am Abend entlang der Krankenhausmauer in der Payergasse Einheiten, verstärkt durch die Heimwehrler, vorrückten. Um ca. 21 Uhr fiel als erstes Opfer der Wehrturner Karl Rohata, der dort als Vorposten stand. Um Mitternacht zogen zwei Kompanien des Bundesheeres, die per Bahn aus der Steiermark eingetroffen waren, in das Kloster St. Gabriel ein, von wo aus sie die ganze Nacht lang ein lebhaftes Feuer gegen die Arbeitersiedlung unterhielten. Am folgenden Vormittag, dem 14. Februar, wurden auch Maschinengewehre eingesetzt. In diesem Gewehrfeuer kam in der Siedlung Haydngasse Josef Hejtmann durch Kopfschuss ums Leben. Am gleichen Tag erlitt der Schutzbündler Edwin Bernard bei einem Erkundungsversuch einen Lungensteckschuss, dem er noch am gleichen Tag erlag. Unverständlich ist es noch heute, dass die Ordensleute von St. Gabriel gegen den Missbrauch ihrer Anstalt keinerlei Protest erhoben.  Als gerüchteweise bekannt wurde, dass ein Artillerieeinsatz des Bundesheeres bevorstünde, mussten die Widerstandsmaßnahmen eingestellt werden. Um die BewohnerInnen von Fünfhaus, aber auch die PatientInnen des angrenzenden Krankenhauses nicht weiter zu gefährden, wurde Fünfhaus in der folgenden Nacht geräumt. Einzeln ging man auseinander, Waffen und Munition wurden in Sandgruben zurückgelassen, der Weg nach Hause auf verschiedenen Umwegen gesucht.

Den hauptverantwortlichen Funktionären Josef Vogl, Franz Sagmeister und Josef Hofmann, die bereits zur Verhaftung ausgeschrieben waren, gelang über verschiedene Unterschlupfquartiere die Emigration in die Tschechoslowakei. Vogl und Hofmann gingen später in die Sowjetunion, wo sie wie so viele Schutzbündler keineswegs willkommen waren. Hofmann und seine Frau kehrten später nach Österreich zurück, Vogl blieb verschollen. Als Sagmeister nach einer verkündeten Amnestie zurückkehrte, wurde er trotzdem zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Abschließend darf zu den Februar-Kämpfen gesagt werden, dass sich die Gendarmerie großteils korrekt benahm, die Heimwehr-Einheiten sich teilweise jedoch brutal und furchtbar austobten. Wehrlose Männer, Frauen und Kinder wurden in den eiskalten Nächten auf die Straße getrieben, um deren Wohnungen in Fünfhaus und in der Kolonie durchwühlen und plündern zu können. Viele bekannte Funktionäre der Partei wurden verhaftet und vorübergehend im Keller des Freihofes in der Keimgasse festgehalten. Weitere Verhaftete wurden nach scharfen Verhören auch in der Feuerwehrremise und im Bezirksgericht Liesing festgehalten und andere an das Landesgericht Wien überstellt. Sie wurden wegen „Aufruhr und Widerstand gegen die Staatsgewalt“ zu mehr oder minder schweren Kerkerstrafen verurteilt. Wie aus Gerichtsakten hervorgeht, waren unter den Verurteilten Franz Fröhlich, Johann Hnat, Wilhelm Rührl, Anton Oswald jun. und Johann Schlöglbauer. Spätere Amnestierungen führten zu Entlassungen aus der Haft. Die Betroffenen waren jedoch unter behördliche Kontrolle und Meldepflicht gestellt. Außerdem hatten sie kaum die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Die betroffenen Familien wurden nach Möglichkeit von den "Quäkern" mit Geld- und Sachspenden unterstützt.

In den Tagen nach den Februar-Kämpfen kam es zum Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) sowie ihrer verschiedenen Organisationen und Vereine. Das Vereinsvermögen, Inventar, Instrumente, Notenmaterial und Turngeräte wurden konfisziert. Jahrzehntelange oft opfervolle Arbeit der Arbeiterschaft wurde mit einem Schlag vernichtet. Einen symbolischen Erfolg konnten die Arbeiter jedoch verbuchen. Die Genossen Kala und Steiner nahmen die Fahne des Schutzbunds in Verwahrung und versteckten sie vor der Heimwehr. 1938 war es jedoch zu gefährlich, die Fahne weiter zu behalten und so wurde von einem Spengler in Wiener Neudorf eine Blechhülse angefertigt, in der die Fahne gut geschützt vergraben wurde. Als im Jahr 1943 die Flugmotorenwerke errichtet wurden, brachten die Genossen Deutsch und Komarek die Fahne in Sicherheit und vergruben sie dann unter einer Hundehütte, von wo sie erst nach dem Krieg geborgen wurde. Heute ist sie in Verwahrung der SPÖ Stadtorganisation Mödling und wurde 2010 mit Unterstützung der Bezirkspartei und der Freiheitskämpfer professionell restauriert.

Beschämend war die Beisetzung der toten Kämpfer auf dem Mödlinger Friedhof. Die Eingänge waren von Sicherheitsbeamten mit Stahlhelm und aufgepflanztem Bajonett besetzt. Zutritt zur Bestattung erhielten nur die allernächsten Angehörigen, die eine Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft vorweisen mussten. Innerhalb des Friedhofs waren zusätzlich noch Patrouillen der Heimwehr unterwegs. Für diese und weitere Opfer des Faschismus wurde nach dem Zweitem Weltkrieg am Mödlinger Friedhof ein Mahnmal errichtet, bei dem jährlich am 12. Februar feierliche Kranzniederlegungen und Gedenkkundgebungen stattfinden.

Quellen:

Werner Burg, Hannes Weninger: "Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Mödling", Mödling, 2010 

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Personendatenbank (mehr

Mehr Infos:

Manfred Scheuch: 12. Februar 1934 - Bürgerkrieg in Österreich. Eine historische Betrachtung, rotbewegt.at/lexikon (mehr)

Sylvia Unterrader: Frauen im Februar 1934, Mödling, 2022, (PDF) Rede zur Gedenkfeier in Mödling am 12. Februar 2022 auf Basis u.a. der Forschung von Florian Wenninger, Wien, 2017 (mehr

Gesellschaft für Kulturpolitik OÖ: Projekt 12. Februar 1934 (mehr)

SPÖ Bezirk Mödling: Zeitreise - Die Kälte des Februar 1934 (mehr)

Video: 12. Februar 1934: Eine Dokumentation der Ereignisse

Buchtipps zum Weiterlesen

Erich Hackl, Evelyne Polt-Heinzl (Hg.): „Im Kältefieber. Februargeschichten 1934“ Anthologie, Picus Verlag, Wien, 2014
gebunden, 328 Seiten, 22,90 Euro, ISBN: 978-3-7117-2009-2

Josef Fiala: „Die Februarkämpfe 1934 in Wien Meidling und Liesing: Ein Bürgerkrieg, der keiner war“, Dissertation im disserta Verlag, Hamburg, 2013, Taschenbuch, 228 Seiten, 29,95 Euro, ISBN: ‎ 978-3954252541

Lena Köhler: "Die Konstruktion von Erinnerung Geschlecht, Sozialismus und Widerstand gegen den Austrofaschismus anhand der Selbstzeugnisse Maria Emharts", LIT-Verlag, Wien 2020, Taschenbuch, 128 Seiten, 20,50 Euro, ISBN: 978-3-643-51003-7

Thomas Fatzinek: „Als die Nacht begann ...“, Graphic Novel zum 12. Februar 34, Bahoe Books, Wien 2016, Taschenbuch, 65 Seiten, 9,90 Euro, ISBN: 978-3-903022-22-5

Wilhelmine Goldmann: „Rote Banditen. Geschichte einer sozialdemokratischen Familie“, Promedia, Wien 2023, Taschenbuch, 240 Seiten, 26 Euro, ISBN: 978-3-853719-13-8

Reinhard Federmann: „Das Himmelreich der Lügner“, Roman, Picus Verlag, Wien 2023, gebunden, 528 Seiten, 31 Euro, ISBN: 978-3-7117-2129-7

Viele weitere Publikationen zum Themenkomplex, die zum Teil nicht mehr zu kaufen sind, gibt es in Bibliotheken und Büchereien auszuleihen.