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4. Arbeiterbewegung im Zeitalter des Imperialismus

"Es rettet uns kein höh'res Wesen, ..."

Waren die Kolonien bisher hauptsächlich Lieferanten von billigen Rohstoffen und Abnehmer teurer Fertigprodukte, so wurden sie ab dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zunehmend als Anlagesphären für Kapital interessant. Aber nicht nur in Kolonien, sondern auch in entwickelten Staaten versuchen nun die Unternehmer zu investieren und neue Profitquellen zu erschließen. So setzte am Ende der „großen Depression" ein neuer Wettlauf um die Aufteilung der Welt ein. Staaten mit starken Flotten, wie England, waren hier deutlich im Vorteil. Andere, wie Deutschland, konnten dagegen nur schwer mithalten. So verstärkte sich der Gegensatz zwischen den Staaten zusehends und der Erste Weltkrieg war schließlich ein Krieg, in dem die Staaten, die glaubten, bei der Aufteilung der Welt zu kurz gekommen zu sein, eine Neuaufteilung anstrebten.

Für die Arbeiterklasse in den entwickelten Ländern brachte der Imperialismus scheinbar kurzfristig Vorteile mit sich. Auf Kosten der Arbeiter der Dritten Welt konnten sie ihre Lebensbedingungen verbessern, da nun auch „die Armut exportiert" wurde. Damit rückte auch die internationale Solidarität immer mehr in den Hintergrund und die Arbeiterklasse der entwickelten Länder identifizierte sich in manchen Punkten mit den Zielen ihrer Bourgeoisie.

In den Jahren nach der großen Depression setzte in Österreich ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der zwar immer wieder von kurzen Krisen unterbrochen wurde, aber dennoch bis 1913 anhielt. Erst die Balkankrise dieses Jahres stürzte die österreichische Wirtschaft wieder in eine schwere Krise, die bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht überwunden werden konnte. Die große Depression hatte auch in Österreich zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe ruiniert. Die Konzentration des Kapitals war ungeheuer fortgeschritten. Man kann also sagen, dass mit der Überwindung der Krise das monopolistische Zeitalter des Kapitalismus auch in Österreich begonnen hatte.

Dennoch hatte sich der Abstand der österreichischen Wirtschaft zu den wesentlich fortgeschritteneren westlichen Industriestaaten in der Krise noch zusätzlich vergrößert. Stärker als in  anderen Ländern geschah die Monopolbildung in Österreich unter der Führung der Großbanken. Der vor allem durch die Bauernbefreiung und die Grundentlastung im Jahre 1848 kapitalstark gewordene Adel Österreichs investierte nicht selbst, sondern gab sein Geld an Bankhäuser weiter. So kam es, dass in Österreich die typische Person des Kapitalisten fehlt. Beispielsweise beherrschte die Creditanstalt die Zucker-, Textil- und Spiritusindustrie, die Länderbank die ungarische Schwerindustrie und die Bodenkreditanstalt die österreichische Maschinenindustrie. In Industriezweigen, deren Monopolisierungsgrad noch nicht allzu weit fortgeschritten war, bediente man sich der Kartellbildung.

Der wirtschaftliche Aufschwung am Ende der 1880er-Jahre kam zum Teil auch der Arbeiterschaft Österreich-Ungarns zugute. Die Löhne stiegen, bleiben aber dennoch weit hinter den Löhnen Westeuropas zurück. So verdiente ein Arbeiter in Österreich um die Jahrhundertwende nur etwa die Hälfte eines englischen Arbeiters und zwei Drittel eines deutschen. Außerdem war das Lohnniveau in der österreichisch-ungarischen Monarchie sehr unterschiedlich. Die Löhne in der österreichischen Reichshälfte waren um mehr als ein Drittel höher als die in der ungarischen Reichshälfte und auch innerhalb der österreichischen Reichshälfte verdienten deutschsprachige Arbeiter mehr als etwa die Slawen.

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts sank in Österreich die durchschnittliche Arbeitszeit auf 12 Stunden, sechsmal in der Woche. 12 Stunden oder weniger wurde jedoch nur in den größeren Betrieben gearbeitet. Wesentlich schlechter gestellt waren alle jene Arbeiter, die als Heimarbeiter der Hausindustrie tätig waren. Da die Hausindustrie von den Arbeiterschutz- und Sozialgesetzen ausgenommen war, waren dort sozialen und wirtschaftlichen Zustände besonders schlecht. Neben äußerst langen Arbeitszeiten, Nachtarbeit und elenden Löhnen herrschten unmenschliche hygienische Zustände.

Ein entscheidender Schritt vorwärts wurde nach der Jahrhundertwende getan: Die Einführung der kollektiven Arbeits- und Lohnverträge. Diese Kollektivverträge sollten die gesamten arbeitsrechtlichen Beziehungen in Österreich revolutionieren. In den beiden letzten Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg fanden innerhalb der Arbeiterbewegung wichtige theoretische Diskussionen statt, die für die spätere Entwicklung von entscheidender Bedeutung waren. Besonders die Diskussion um den „Revisionismus" bildete einen wichtigen Ansatz in der Differenzierung der bis dahin einheitlichen ideologischen Linie.

Die organisatorische Festigung der Arbeiterbewegung und die Erfolge im gewerkschaftlichen Kampf, die eine Verbesserung der Lebensverhältnisse mit sich brachten, schienen einen Teil der Marxschen Lehre zu widerlegen. Noch im Hainfelder Programm war von der „steigenden Massenarmut und der wachsenden Verelendung immer breiterer Volksschichten" gesprochen worden, also von der absoluten Verelendung. Wenn auch Marx und Engels selbst durchaus nicht in allen ihren Schriften den Standpunkt der absoluten Verelendung eingenommen hatten, so war dieser Satz doch im Bewusstsein der „Marxisten" ein Kernsatz ihrer Theorie.

Begründer des Revisionismus wurde der deutsche Sozialdemokrat Eduard Bernstein, der allerdings nicht nur die absolute Verelendungstheorie, sondern auch andere Prinzipien und Thesen des Marxismus revidierte. Ausgehend von der Änderung der Verelendungstheorie ergaben sich nämlich weitreichende und wesentliche politische Konsequenzen. War man überzeugt davon, dass die Theorie der absoluten Verelendung richtig ist, so war es auch unmöglich, innerhalb des kapitalistischen Systems Verbesserungen für die Arbeiterschaft zu erreichen - es blieb einzig und allein der revolutionäre Weg zum Sozialismus.

Hielt man jedoch als Anhänger der relativen Verelendungstheorie Verbesserungen für die Arbeiterschaft in diesem System für möglich, so konnte daraus die Theorie entstehen, dass auch ein evolutionärer Weg zum Sozialismus gangbar wäre. Das hieß also, die Aufgabe der absoluten Verelendungstheorie war gleichzeitig die Aufgabe des ausschließlich revolutionären Standpunktes. Eduard Bernstein hatte, ausgehend von dieser Anfangsüberlegung, die Theorie jedoch in einer Form weiterentwickelt, die Widerspruch erwecken musste. Er sah den bürgerlichen Staat nicht mehr als Organ der Klassenherrschaft der Bourgeoisie, sondern als klassenindifferent an.

Vom Revisionismus klar zu unterscheiden ist der Reformismus. Während der Revisionismus ein theoretisches Gebäude darstellte, charakterisierte der Reformismus eine Form praktischer Politik. Als solche charakterisierte der Reformismus die Politik der meisten sozialdemokratischen Parteien in der Gegenüberstellung zu jenen Parteien, die den revolutionären Klassenkampf bejahten. Der Reformismus stützte sich weitgehend auf die Ideen des Revisionismus und war von der Möglichkeit systemüberwindender Reformen überzeugt. Parlamentarischer und gewerkschaftlicher Kampf sollten soziale Änderungen bringen, bis die Quantität der Reformen in eine neue Qualität umschlägt.

Von besonderer Bedeutung für die österreichische Arbeiterbewegung weit über diesen Zeitraum hinaus ist die Entwicklung einer eigenständigen Richtung, die bis 1934 das Bild der österreichischen Sozialdemokratie prägte und deren theoretische Leistungen Anerkennung in vielen Teilen der Welt fanden. Man nennt diese politische Richtung „Austromarxismus".

Unter „Austromarxismus" verstand man ursprünglich den Sammelnamen für jene Gruppe von Theoretikern, die in Österreich den Versuch unternahmen, mit marxistischen Methoden die spezifisch österreichische Situation zu analysieren. Diese Austromarxisten bildeten ein breites Spektrum. Von Max Adler auf der linken bis Karl Renner auf der rechten Seite spannte sich der Bogen, dessen Mitte etwa von Otto Bauer verkörpert wurde. Politisch verstand man unter dem Austromarxismus eine Strömung des marxistischen Zentrums.

Der Austromarxismus ist eine von österreichischen Sozialdemokraten geprägte Richtung innerhalb des marxistischen Denkens, zu dessen führenden Vertretern Otto Bauer, Max Adler, Friedrich Adler, Rudolf Hilferding, Karl Renner und Gustav Eckstein zählen. Trotz einiger Unterschiede zwischen diesen Vertretern (z.B. zwischen dem „linken“ Bauer und dem „rechten“ Renner) gab es wesentliche Gemeinsamkeiten. Dazu zählte zum einen der hohe Stellenwert von Bildung und Erziehung für die politische Arbeit. Durch Bewusstseinsbildung sollten „neue Menschen“ (Max Adler) geschaffen werden, um eine sozialistische Gesellschaft aufbauen zu können. Der Austromarxismus beschritt einen „dritten Weg“ zwischen dem Leninismus und dem sozialdemokratischen Revisionismus und wollte dadurch die Spaltung in der Arbeiterbewegung überwinden („integraler Sozialismus“). Weitere wesentliche Merkmale waren die Verpflichtung auf einen friedlichen Weg der Machteroberung (Otto Bauer: Nicht die Köpfe einschlagen, die Köpfe gewinnen!) und das grundsätzliche Bekenntnis zum Parlamentarismus, mit dessen Hilfe die Arbeiterklasse an die Macht gelangen und schließlich den Sozialismus verwirklichen sollte.

v.l.n.r.: Max Adler, Otto Bauer, Karl Renner

Die vor allem in der sowjetischen Literatur vertretene Ansicht, dass der Austromarxismus dem Revisionismus gleichzusetzen wäre, ist allerdings unrichtig. Der Austromarxismus verstand sich selbst immer als Mittler zwischen der zentristischen und der linken Position. So war es für ihn charakteristisch, dass er sich am Ende des Ersten Weltkriegs  weder der Zweiten noch der Dritten Internationale anschloss, sondern eine eigene, die sogenannte "Internationale 2½" gründete. (weiterlesen: Internationale)

Den Austromarxismus charakterisierte vor allem der große verbale Radikalismus, der ihn deutlich von den anderen Parteien des Zentrums unterschied. Die praktische Politik der österreichischen Sozialdemokraten war jedoch weitgehend reformistisch. Der Austromarxismus brachte große theoretische Leistungen hervor. Ein besonderer Ausdruck dieser theoreti­schen Leistungen war die Zeitschrift „Der Kampf", die von 1907 an monatlich bis zum Jahre 1934 erschien. Dieses Organ ist bis heute eine Fundgrube für alle Interessierten.

Auch auf christlicher Seite begann man sich in diesem Zeitabschnitt theoretisch und praktisch verstärkt der sozialen Frage anzunehmen. In Österreich entstand die "Christlich­ Soziale Partei" als typische Partei des sogenannten kleinen Mannes, die erst nach dem Zusammenschluss mit den Konservativen im Jahre 1907 ihr Selbstverständnis und die Sozialstruktur ihrer Mitglieder änderte. Dennoch blieb ein Teil dieser Partei, repräsentiert bis in die Zweite Republik durch Leopold Kunschak, als Arbeitnehmerflügel in der Partei vertreten. Das ideologische Fundament dieser Gruppe bildete die „christliche Soziallehre", die bereits im 19. Jahrhundert durch die päpstliche Enzyklika „rerum novarum" Anerkennung gefunden hatte. Ihr Bild der Gesellschaft ist vom Gedanken der Harmonisierbarkeit der sozialen Konflikte (die eben nicht als unaufhebbare Klassengegensätze anerkannt werden) geprägt. Die Anziehungskraft dieser Ideen auf die Arbeiter hielt sich in Grenzen. Sie war in den Großbetrieben, die den Arbeitern die Klassengegensätze nur allzu deutlich vor Augen führten, noch geringer als in kleineren Betrieben, in denen manchmal ein familiäres Klima die Gegensätze nicht so deutlich hervortreten ließ.

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war auch das Zeitalter des Nationalismus. Die Einigung Deutschlands und Italiens und das Erwachen der slawischen Völker waren Anstoß dafür, dass sich auch der Sozialismus mit dem Gedankengut des Nationalismus auseinandersetzen musste.

Für uns hat das Wort Nationalismus meist einen negativen Beigeschmack. Man muss allerdings unterscheiden zwischen dem Nationalismus einer hochentwickelten Nation, die diesen verwendet, um andere zu unterdrücken und ihre Herrschaftsansprüche zu legitimieren, und dem Nationalismus jener Nationen, die sich gegen diese Unterdrücker wenden. So haben etwa Befreiungskämpfe in der Dritten Welt oft auch nationalistische Komponenten. Der Nationalismus ist also ambivalent. Er kann sowohl fortschrittlich als auch reaktionär sein.

Innerhalb der Arbeiterbewegung trat der Nationalismus jedoch meist als konkurrierende oder gar feindliche Ideologie zum Marxismus auf. Dies wird klar, wenn man bedenkt, welche Rolle der Internationalismus im marxistischen Denken spielt. So war die Verbreitung des Marxismus in jenen Ländern, in denen die nationale Ideologie sehr stark war, extrem erschwert.

Von besonderer Bedeutung wurde die nationale Frage für die Arbeiterbewegung in Österreich-Ungarn, lebten doch in diesem Staat die verschiedensten Nationen zusammen. Der unterschiedliche Industrialisierungsgrad in den einzelnen Ländern der Monarchie verstärkte zunächst die soziale und kulturelle Differenzierung der einzelnen Länder.

Dazu kam, dass man in einzelnen Teilen der Monarchie unterschiedlich viel verdiente. Die deutschen Arbeiter waren eindeutig privilegiert. In allen anderen Städten der Monarchie lagen vergleichbare Löhne um 20 bis 30 Prozent niedriger als in Wien, während die Lebensmittelpreise etwa überall gleich hoch waren, in den meisten Städten sogar etwas höher als in Wien. Dies schuf auch innerhalb der Arbeiterbewegung nationale Spannungen.

Selbstverständlich unternahm die Sozialdemokratische Partei den Versuch, diese nationalen Spannungen in ihren eigenen Reihen zu beseitigen. Produkt dieser Versuche war das sogenannte Brünner Nationalitätenprogramm aus dem Jahre 1899. Allerdings bot dieses Programm weniger einen Lösungsversuch, der von der Basis der Arbeiterbewegung ausgegangen war, sondern enthielt vielmehr Vorstellungen, wie die Gesamtmonarchie von oben, das heißt, von Krone und Regierung aus, umgestaltet werden müsse, um die nationalen Spannungen zu verringern.

Brünner Nationalitätenprogramm 1899

Obwohl dieses Nationalitätenprogramm zweifellos den konstruktivsten Vorschlag zur Verminderung der nationalen Spannungen innerhalb der Monarchie enthielt, war es kein geeignetes Werkzeug, um die Differenzen innerhalb der Arbeiterbewegung zu beseitigen. So zerfiel die Gesamtpartei bald in einzelne, nationale Gruppen. Dies hatte allerdings auch seine positive Komponente, da nunmehr jede Nation in ihrer Sprache agitieren konnte. Als der Spaltung der Partei jedoch die Spaltung der Gewerkschaftsbewegung folgte, war dies ein schwerer Schlag. Nationale Gewerkschaften beeinträchtigten die Kampfstärke der Arbeiterschaft nämlich entscheidend. Wenn man sich vorstellt, dass in einem Betrieb Arbeiter zweier Nationalitäten beschäftigt waren, und das war gar nicht selten der Fall, so konnte ein Streik nur durchgeführt werden, wenn beide nationalen Gewerkschaftsverbände die Zustimmung dazu gaben. Die mangelnde Rückkoppelung dieser Überlegungen zur politischen Praxis war der Grund dafür, dass das Eindringen des nationalen Gedankenguts im Interesse der Imperialisten in die Parteien der Zweiten Internationale möglich war. Dies war mit der Grund, dass man der nationalen Welle beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs seitens der Arbeiterparteien so hilflos gegenüberstand.

Wie bedeutend die organisatorische und politische Einheit war, die am Hainfelder Parteitag erreicht wurde, sollte sich rasch zeigen. Innerhalb von zwei Jahrzehnten konnte die Zahl der Mitglieder mehr als verzehnfacht werden, und sie betrug 1907 bereits 300.000. Dies ist mit ein Grund, warum gerade in der österreichischen Arbeiterbewegung, die später als die Parteien anderer Staaten zur Einheit gefunden hatte, die Einheit das oberste Gebot der Politik war.

In der praktischen Politik der österreichischen Arbeiterbewegung spielten nach dem Hainfelder Parteitag die Fragen des Achtstundentages und des allgemeinen Wahlrechts die größte Rolle. Jährlich am 1. Mai wurde für den Achtstundentag demonstriert, der allerdings erst in der Ersten Republik Wirklichkeit werden konnte. Erfolgreicher war die Partei in ihrem Kampf um das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht. In Massendemonstrationen wurde die Diskussion um eine Wahlrechtsreform im Reichsrat erzwungen.

Am 7. Mai 1896 nahm das Abgeordnetenhaus in dritter Lesung mit großer Mehrheit die Wahlrechtsvorlage der Regierung Badeni an. Zu den 353 Abgeordneten, die die Privilegierten in ihren Kurien zu wählen hatten, traten nun 72 Abgeordnete, die von der gesamten Bevölkerung gewählt wurden. Während also mehr als fünf Millionen Menschen 72 Abgeordnete zu wählen hatten, teilten 5000 Großgrundbesitzer 85 Mandate unter sich auf. Dennoch bot dieses neue Wahlgesetz die erste Möglichkeit, dass sich die gesamte männliche Bevölkerung die älter als 24 Jahre war, an einer Wahl beteiligen konnte.

Bei den Wahlen, die am 9. März 1897 stattfanden, konnte in den fünf Wiener Wahlkreisen kein Sozialdemokrat durchdringen, ebenso nicht in Niederösterreich. Alle Wiener Mandate der allgemeinen Kurie gingen an die Christlichsoziale Partei. Dennoch errang die Sozialdemokratie 14 Mandate in den Wahlbezirken Böhmen, Mähren, Galizien und der Steiermark. Die russische Revolution von 1905 gab der Wahlrechtsbewegung in Österreich jedoch erneut großen Auftrieb. Am 28. November 1905 fand ein 24-stündiger Generalstreik und ein großer Demonstrationsmarsch statt.

Demonstration für das allgemeine Wahlrecht in Wien (28. November 1905)

250.000 Menschen nahmen an der Demonstration teil, die fünf Stunden dauerte. Diese Aktion brachte die Regierung dazu, ein allgemeines Wahlrecht einzubringen. Im Jänner 1907 erlangte diese Gesetzesvorlage die kaiserliche Sanktion. Die ersten Wahlen nach dem allgemeinen Wahlrecht im Mai 1907, brachten den Sozialdemokraten einen durchschlagenden Erfolg. Mit 87 Mandaten bildeten sie die stärkste Fraktion im neuen Reichstag. Nach einigen Nachwahlen stieg die Zahl auf 89.

 

Literaturtipps:

Österreichische Mediathek: Imperialismus bis 1914

Friedrich Ebert Stiftung: Die Revision des Programms der Sozialdemokratie in Österreich in: Die neue Zeit

Otto Bauer: Die Mühen des Dritten WegsZwischen Reform und RevolutionDer Kampf um die Würde des MenschenDer große Theoretiker der Sozialdemokratie;

Friedrich Ebert Stiftung: Die Geschichte der Internationale

Sozialistische Internationale: Geschichte der SIHomepage der SIProgressive Allianz

Bernd Rother: Die Sozialistische Internationale

Die Zeit: Der lange Marsch der österreichischen Sozialdemokratie

Dr. Karl Renner-Institut: Der 1. Mai: Vom "Rebellensonntag" zum "Allgemeinen Ruhe- und Festtag"

Video: Die Geschichte des 1. Mai - ErklärvideoORF III: Ein Feiertag macht Geschichte; Die Geschichte des 1. Mai (1. Teil2. Teil3. Teil)

Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus

Friedrich Adler: Kurzbiographie

Parlament: Die Wahlrechtsreform von 1907Nicht immer durften alle StaatsbürgerInnen wählen

Demokratiezentrum Wien: Wahlrechtsentwicklung in Österreich 1848 bis heute